Gemeinsam nach oben – nur wann?
Seit sieben Jahren spielt der FC Hansa Rostock in der dritten Liga. Aus der aktiven Szene im Ostseestadion berichtet Torsten Völcker vom Fanclub Viecher Rostock.
Im Dezember dachte ich, dass Pavel Dotchev uns neues Leben eingehaucht habe und endlich ein Trainer sei, dem die Rückkehr mindestens in Liga zwei zugetraut werden könne. Wochen später ist das zarte Pflänzchen der Kontinuität abermals zertreten. Vom „Gemeinsam nach oben“ ist nichts als Aufkleber, Postkarten und T-Shirts geblieben. Der x-te Neuanfang ist ausgerufen und mit Martin Pieckenhagen, ja auch ein in Hamburg bestens Bekannter, eine Identifikationsfigur aus erfolgreicheren Tagen am sportlichen Ruder. Als erste Amtshandlung verpflichtete er den Magdeburger Aufstiegstrainer Jens Härtel, was zu mehr als den üblichen Diskussionen führte.
Aber ein Sachse als Trainer ist immerhin weniger fremd als ein Schwabe als Sportdirektor. Am Ende werden wir irgendwo im Niemandsland einlaufen und den halben Kader tauschen, um Fußball nach Vorstellungen des aktuellen Trainers zu spielen.
Das liebe Geld
Wirtschaftlich ist die dritte Liga ein Grab, umso mehr, wenn man ein Ostseestadion mit Investitionsbedarf als Klotz am Bein mit sich herumschleppt. Die Anzeigetafel ist in der Hinrunde ausgefallen, wird aktuell durch ein mobiles Teil ersetzt und muss im Sommer neu angeschafft werden.
Größte Herausforderung sind aber die Flutlichtmasten. Die fast fünfzig Jahre alten Teile, 1970 in Betrieb genommen, werden nach 2025 keine Betriebserlaubnis mehr erhalten. Dann ist es dunkel. Der Tenor wurde auf der letzten Mitgliederversammlung deutlich: Höchstens ein Nachbau ist mehrheitsfähig.
Was will Rolf Elgeti wirklich?
Spätestens hier muss der Schwenk zum selbst ernannten „Retter“, Investor und Hansa-Anhänger Rolf Elgeti, erfolgen. Ein Investor, der uns mehrfach den Arsch gerettet hat und sich wohltuend von anderen Geldgebern im Profigeschäft unterscheidet. Auf einen Posten im Aufsichtsrat hat er verzichtet, ebenso auf die Platzierung von Marionetten in Vereinsgremien und eine Einmischung in Vereinsthemen über die Medien. Eine Frage aber bleibt unbeantwortet: Was will der Mann wirklich?
Letztlich haben wir mit ihm eine Ausgliederung der Profiabteilung gestaltet, die dem Gros der Mitglieder das Gefühl gibt, ein Mitgliederverein zu sein, der persönliches Engagement wünscht und benötigt. Der Aufsichtsrat der ausgegliederten Profifußball-Abteilung KGaA ist personengleich mit dem des Vereins. Sieben Mitglieder werden alle vier Jahre gewählt.
Durch harte Sanierung und ehrliche Arbeit ist es dem Vorstand gelungen, den Spieleretat um knapp zwei Millionen auf fast fünf Millionen Euro anzuheben. Allerdings ohne wirklichen sportlichen Effekt.
Zweite Runde im DFB-Pokal
Immerhin konnten wir nach zehn Jahren mal wieder die zweite Runde im DFB-Pokal erreichen und nach dem VfB Stuttgart mit dem 1. FC Nürnberg einen zweiten sportlich schwächelnden Bundesligisten mit attraktiver Fan- und Ultraszene begrüßen.
Unsere aktive Fanszene hat über interne Streitigkeiten hinweg zwei Auftritte im Ostseestadion hingelegt, die eine selten erlebte Heimkulisse vor 24.000 Zuschauern erzeugte, die die Mannschaft zu zwei besonderen Leistungen getragen haben und letztlich gegen den 1. FCN im Elfmeterschießen endete. Dass die Nürnberger Ultraszene nicht den Weg ins Ostseestadion fand, lag an ihrer frühen „konspirativen“ Anreise zum Spiel, die Verwunderung bei der hiesigen Polizei auslöste.
Übrigens: Das potenzielle Aufeinandertreffen mit euch im Achtelfinale war von uns Rostockern gewünscht und herbeigesehnt.
Spannender Ligaalltag
Aber auch der Ligaalltag bietet, trotz des Aufstiegs der Magdeburger und des Abgangs der ostdeutschen Rivalen Karl-Marx-Stadt und Erfurt in die Regionalliga, interessante Gegner. Durchschnittlich 14.000 Zuschauer in den ersten zwölf Heimspielen sind ein ansprechender Wert. Ausreißer nach oben waren hier die Heimspiele gegen Cottbus (20.000) und 1860 (18.500). Auswärts zeigt sich die Szene konstant reisefreudig, tausend sind wir mindestens. Die ersten Auswärtsspiele zu Saisonbeginn in Cottbus (3000) und nach der Winterpause in Braunschweig (2500) sind Bestwerte.
Rostocker Fanszene
Nicht erfreulich ist, dass auch in unserer Fanszene inzwischen Streitereien über die Ausrichtung auf der Südtribüne, auf der Straße und das politische Engagement einzelner Szenemitglieder nicht mehr durch die Liebe und Treue zum F. C. Hansa gekittet werden können. 2019 haben einige Fans die Südtribüne verlassen und zunächst eine Heimat in einer Stehplatzecke der Nordtribüne gefunden. Die Entwicklung bleibt hier abzuwarten.
Abschließend ist es mir ein Bedürfnis, viele langjährige Freunde, Bekannte und Weggefährten beim HSV zu grüßen und euch und dem gesamten Verein die sofortige Rückkehr in die erste Liga zu wünschen. |