Onkel Toms Hütte
Trainer Christian Titz ist schon wieder Geschichte. Denn das Ziel Wiederaufstieg ist wichtiger als Einzelschicksale, sagt Kolumnist Thomas Wagner.
Am vorletzten Spieltag der letzten Saison bestand nach furiosem Endspurt für uns HSVer natürlich noch berechtigte Hoffnung, die Klasse zu halten. Die Aberkennung des regulären Tores von Ito hat diese aber schnell zunichtegemacht.
Mir imponierte von Anfang an, wie der neue Coach Christian Titz gegenüber der Mannschaft und der Öffentlichkeit auftrat. Ein frisches und gewinnendes Lächeln und sein gesamtes Erscheinungsbild sorgten dafür, dass der Super-GAU mit Würde überstanden wurde. Die Mannschaft spielte plötzlich wieder ansehnlichen Fußball, obwohl es am Ende leider nicht reichte. Die Anhänger nahmen das Stadion nicht auseinander, sondern ertrugen den Untergang mit hanseatischem Understatement. Mehrere Leistungsträger wurden gehalten, denn es war relativ klar, dass man viele Gegner spielerisch bezwingen muss. Die zweite Liga ist ein Raubtierkäfig und nicht mit dem Oberhaus zu vergleichen. Hier riecht man gerade bei „kleineren“ Gegnern auswärts den Rasen, den Schweiß und die Leidenschaft.
Der HSV nahm den Kampf größtenteils an und konnte sich relativ zeitnah im oberen Drittel festsetzen. Dennoch fielen die ersten Schatten, und der Trainer fing langsam an zu straucheln. Durch eine sehr riskante Taktik (Torwart Pollersbeck) verloren wir Punkte, und auch die 0:3-Heimniederlage gegen den Nachbarn aus Kiel am ersten Spieltag wurde nicht vergessen. Mehrere Spiele ohne eigenes Tor, darunter das Derby und die desaströse 0:5-Heimniederlage gegen Jahn Regensburg, ließen Titz dann doch arg wanken und beendeten nach knapp sechs Monaten sein Trainerdasein. Seine angenehme und zurückhaltende Art wird fehlen. Ein Blick zurück verrät aber auch, dass Titz die Mammutaufgabe nicht schaffen konnte. Zu wenige restlos überzeugende Spiele und die immer massivere Kritik am Spielstil (Pollersbeck) ließen die Verantwortlichen relativ früh handeln. In hanseatischer Tradition, aber letztlich konsequent... dem Ziel Wiederaufstieg ist alles unterzuordnen!
Ich wünsche Christian Titz von Herzen, dass er eine zweite Chance im Profifußball erhält. Dass er es kann, hat er unter Beweis gestellt. Alles Gute!
Sein zehn Jahre jüngerer Nachfolger Hannes Wolf gehört zu den jungen Wilden im Trainergeschäft. Er hat in einer identischen Situation schon einmal mit dem VfB Stuttgart den Aufstieg in die erste Liga geschafft. In diesem Sinne: „Do it again, Hannes!“