SPIELFELD

Reisebericht

Gefährliche Fußballspiele in Indonesien

Text und Fotos: Jan-Frédéric Theeß

Auf der Suche nach neuen Reisezielen blieb der Finger auf der Weltkarte diesmal bei Indonesien stehen. Von Naturkatastrophen auf Lombok und Sulawesi wollte man sich nicht abschrecken lassen, dafür war der Reiz farbenfroher Unterwasserwelten, paradiesischer Strände und neuer Länderpunkte zu groß. Drei Wochen wurden veranschlagt, Reiseführer und Spielpläne gewälzt.

Kurz vor Abflug, nach einem enttäuschenden Stadtderby, dann die Hiobsbotschaft: Das indonesische Sportministerium entschied sich für die Aussetzung der ersten Liga nach einem Todesfall beim Derby zwischen Persib Bandung und Persija Jakarta! Der dritte Todesfall innerhalb weniger Wochen und insgesamt der siebzigste durch Fanausschreitungen seit 1994. Nicht zuletzt wurde auch in Singapur, dem Start- und Zielpunkt unserer Reise, der letzte Spieltag vorverlegt, sodass wir auch diesen verpassen sollten. Keine guten Vorzeichen, doch immerhin war das restliche Programm mit Highlights gespickt.

Nach kurzweiligem Flug spulten wir ein solides Sightseeing-Programm in Singapur ab, erwähnenswert ist auf jeden Fall die Aussicht vom Marina Bay Sands. Am nächsten Tag ging die Reise auf der Insel Java los. Borobudur-Tempel in Yogyakarta im Morgengrauen, durch die „Sea of Sand“ an den Kraterrand des aktiven Vulkans Bromo wandern sowie eine weitere Wanderung bei Nacht, um den Sonnenaufgang über dem Bromo in 2770 Metern Höhe zu genießen. Stetiger Begleiter: die Hoffnung, dass die Liga in Indonesien endlich wieder losgeht! Die Gerüchteküche in den sozialen Netzwerken brodelte, und plötzlich gab’s die ersten Spielankündigungen einiger Vereine, die am Vorabend der Ansetzung schließlich vom Verband bestätigt wurden. Eilig wurde für den nächsten Tag eine Machbarkeitsstudie angestrengt und tatsächlich ein erreichbares Spiel gefunden. Vom romantischen Aussichtspunkt am Vulkan Bromo ging’s schnurstracks mit Motorradtaxi, Bemo genannt, Bus und eilig herangewinktem Taxi quer über Ostjava nach Kepanjen.

150 Kilometer in knapp sechs Stunden, Punktlandung am Kanjuruhan Stadium, der Heimat vom FC Arema, der im Java-Timur-Derby gegen Persebaya Surabaya antreten sollte. Gästefans waren aus Sicherheitsgründen nicht zugelassen, die alte, heruntergekommene Schüssel aber dennoch mit fast 40.000 begeisterten Aremania gefüllt, die sich stimmungstechnisch ordentlich ins Zeug legten. Alle vier Kurven verwandelten das Stadion in ein Tollhaus, welches niemanden auf den verstaubten Steintreppen sitzen ließ. Wahnsinn! Auch wenn das Spiel nur so vor sich hin plätscherte und wenige gelungene Aktionen bot, waren die Zuschauer heiß! Man konnte die Uhr danach stellen, wie schnell sich eine Massenschlägerei auf einer der Tribünen bildete, die Militärpolizei im Innenraum mit allem Greifbaren eingedeckt wurde oder die Gästespieler in der Halbzeitpause auf dem Feld angegriffen wurden. Wenn man die Gründe für die gerade ausgelaufene Spielpause berücksichtigt und die Videos aus Badung kennt, war es verwunderlich, dass nicht erneut jemand zu Tode gekommen ist.

Krasse Grenzerfahrung, dieses Extremum hatten wir so noch nicht erlebt. Die nächsten Tage sollten dagegen ruhiger und der Puls sollte somit heruntergefahren werden. Nach dem Spiel wurde das nächste Taxi geentert und das drei Stunden entfernte Surabaya angesteuert, von wo aus es weiter Richtung Osten gehen sollte. Man konnte zufrieden sein, nach den Vorkommnissen der letzten Wochen wenigstens ein Spiel mitgenommen zu haben.

„Man konnte zufrieden sein, wenigstens ein Spiel mitgenommen zu haben.“

Während wir auf Bali neben Denpasar auch Ubud (Reisterrassen und Kochkurs bei einer balinesischen Familie sind unbedingt zu empfehlen!) besuchten und fleißig in Amed die Unterwasserwelt erkundeten, erreichte uns nicht nur die Meldung eines erneut schweren Erdbebens nahe Surabaya mit Auswirkung auf Westbali, sondern auch, dass der FC Arema den Rest der Saison unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielen muss; zu heftig waren die Vorkommnisse.

Die nächste Woche führte uns weiter gen Osten in den Nationalpark Komodo. Die Zelte schlugen wir in der Hafenstadt Labuan Bajo auf, von wo aus wir zu Tauchtrips in eine unglaubliche Unterwasser- und Tierwelt aufbrachen, was das Highlight unserer Reise darstellte. Doch irgendwann sind drei Wochen um, man freut sich auch auf die Heimat. Mit einem Stopover auf Bali, der genutzt wurde, um noch mal am Strand von Kuta zu surfen, ging’s zurück nach Singapur.

Irgendwas fehlte noch im Reisetagebuch. Der Fußballländerpunkt! Ansetzungen ließen sich in diesem Stadtstaat für Spiele der National Football League Division 2, nominell die dritte Liga, ausfindig machen, die zwar allesamt in den Erstligastadien ausgetragen wurden, über das Spielniveau wollen wir aber lieber den Mantel des Schweigens hüllen. So konnte doch noch der Länderpunkt Singapur mit den Partien Bukit Timah Juniors gegen Starlight Soccerites FC im Yishun Stadium und Bishan Barx FC gegen Admiralty CSC im Jalan Besar Stadium eingetütet werden, bevor der Rückweg angetreten wurde, immerhin musste man pünktlich zum Heimspiel gegen Bochum wieder im Volksparkstadion sein! |