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Eishockey

Legendentreffen in Stellingen: Ehemalige HSV-Eishockeycracks bei der Jubiläumsfeier am 20. Oktober. (Foto: HSV-Eishockey)

Text: Matthias Wolf

Fünfzig Jahre sind erst der Anfang

Die HSV-Eishockeyabteilung feiert ein berauschendes Jubiläum.

Es war eine Schnapsidee, nur ohne Alkoholeinfluss. Vor mehr als fünfzig Jahren ging Nico Pethes zur HSV-Geschäftsstelle am Rothenbaum. Einen Termin hatte er nicht, aber eine Idee, von der er zu hundert Prozent überzeugt war. Drei Wochen später bekam er einen Termin beim Präsidium um Dr. Horst Barrelet. Er sei ein junger Mann gewesen und begegnete den in schicken Anzügen dasitzenden Männern voller Ehrfurcht, sagt der heute Achtzigjährige. „Eishockey? Oh. In Hamburg? Oha!“, war die Antwort des Präsidiums.

Doch sein Traum ging in Erfüllung: Am 1. Oktober 1968 wurde die HSV-Eishockeyabteilung offiziell gegründet. Ein halbes Jahrhundert später ist sie im HSV e. V. mit circa 330 Mitgliedern lebendiger denn je und hat sich völlig zu Recht am 20. Oktober dieses Jahres mal selbst gefeiert. Pethes organisierte über sechs Monate lang mit Hauke Kuhn, Alexander Schmidtchen und Paul Karner eine tolle Jubiläumsfeier, zu der aktuelle, aber vor allem viele ehemalige Weggefährten gekommen sind. Im Eisstadion Stellingen präsentierten sich ab dem frühen Morgen die Jugendteams in Ligaspielen, am späten Nachmittag folgte ein familiäres „Legendenspiel“ mit Spielergrößen von einst und heute. Unter anderem waren Alexej Mischin (Topscorer aus der damaligen Sowjetunion), John Barnett (Spielertrainer) und Mark Sylvester (Co-Trainer) am Start.

Fünfzig Jahre HSV-Eishockey: Alexander Eckball, Heiko Frank, Thomas Schulz und Bernd Hoffmann (Mitte, von links) gratulieren Gründer Nico Pethes (rechts) und Abteilungsleiter Hauke Kuhn (links). (Foto: HSV-Eishockey)

Von den ehemaligen Hamburg Freezers schauten Verteidigerikone Christoph Schubert als Coach des Legendenteams sowie der ehemalige Freezers-Geschäftsführer Boris Capla vorbei. Garniert wurde der Festtag mit Ehrungen, vielen netten Worten und Anekdoten, selbstverständlich auch vonseiten des gesamten Vereins. So war das Präsidium durch Thomas Schulz vertreten und der Seniorenrat mit Heiko Frank sowie der Amateurvorstand mit Alexander Eckball vor Ort. Auch der Vorstandsvorsitzende der HSV Fußball AG, Bernd Hoffmann, ließ es sich nicht nehmen, persönlich zu gratulieren. Gemeinsam überreichten sie der Abteilungsleitung einen Jubiläumswimpel. Eine rundum tolle Feier. Auf die nächsten fünfzig Jahre! |


„Das war unglaublich!“

Ein Bild einer unfassbaren Geschichte. Nico Pethes (links) und Alexej Mischin treffen am Roten Platz in Moskau erstmals aufeinander. (Foto: HSV-Eishockey)

Nico Pethes ist eine lebende HSV-Legende. Keiner, der 500 Bundesligaspiele für die Profimannschaft absolviert oder zweimal Weltsportler des Jahres wurde, sondern einer, der sich in der Eishockeyabteilung des HSV ein ganz besonderes Denkmal gesetzt hat. Er selbst gibt sich zu jeder Zeit sehr bescheiden und verweist auf die tollen Unterstützer, die er immer hatte. Als Gründungsvater der Abteilung kann er jedenfalls auf äußerst spannende Zeiten zurückblicken.

Herr Pethes, 1975 haben Sie mit John Barnett den ersten Eishockeylegionär aus Kanada in die Hansestadt gelotst – wie?

Nico Pethes: Zur damaligen Zeit waren nur zwei Spieler pro Mannschaft erlaubt, die nicht aus Deutschland kamen. Wir hatten damals keinen einzigen Spieler aus dem Ausland. Das wusste wohl auch ein junger Mann aus Krefeld. Ich war auf einer Eishockeytagung, und in einer Pause kam der besagte Mann zu mir und fragte mich, ob ich nicht einen Spieler aus Kanada haben wolle, er würde einige talentierte Spieler kennen. Ich war nicht abgeneigt, und schon zückte er eine dicke Mappe mit Steckbriefen verschiedener Spieler.

Kannten Sie überhaupt Spieler aus dem Ausland?

Persönlich nicht, nur aus dem Fernsehen. Auf mich wirkte der Spielerverkäufer aber sehr seriös, und die Daten eines Spielers, den er in seiner Mappe aufgeführt hatte, haben mich überzeugt, und so habe ich John Barnett verpflichtet, aus dem Katalog sozusagen.

Es war 1980, der Kalte Krieg war nach dem Olympiaboykott der westlichen Staaten im selben Jahr gerade besonders kalt, da wartete der HSV als Eishockey-Oberligist mit einer schier unglaublichen Meldung auf: Zum ersten Mal sollte ein sowjetischer Crack ganz offiziell in einer Liga der „anderen Seite“ zum Einsatz kommen. Alexej Mischin, ein 33-jähriger Stürmer vom sibirischen Topklub Torpedo Gorki. Wie kam es zu dieser Verpflichtung, die Eishockey beim HSV in alle Medien brachte?

Das war unglaublich! Wo fange ich an? Ich war schon immer ein Fan vom sowjetischen Eishockey: zielstrebig, taktisch und athletisch. 1980 wollte ich einen Spieler aus der Sowjetunion verpflichten und bin daher einfach mal ins Konsulat gegangen, um nachzufragen, ob so etwas funktioniert.

Die politische Situation war ja nicht ganz einfach. Wie haben die zuständigen Beamten denn reagiert?

Positiv! Ich war ein bisschen überrascht, weil der zuständige Konsul mir gleich angeboten hat, nach Moskau zu fliegen. Ich bin dann zum damaligen HSV-Präsidenten Dr. Wolfgang Klein gegangen, und der hat nur gesagt: „Mach es, flieg nach Moskau!“

Das haben Sie dann auch getan. Wie lief der Aufenthalt in Moskau ab?

Auch das war ganz kurios. Ich stieg aus dem Flieger aus und ging Richtung Ausgang, wo ein Mann mit einem Schild stand, auf dem „Hamburg“ zu lesen war. Der hat mich dann ins Sportministerium gefahren, wo hochrangige Beamte auf mich warteten und mich zu einer Art Galadinner einluden. Wir haben uns erst mal nett unterhalten, und erst später erzählten sie mir etwas über den Spieler, den ich bekommen sollte, den ich bis dato ja auch noch nicht kannte. Ich wurde dann ins Hotel gebracht, und einen Tag später sollte ich zum Roten Platz kommen. Und so war es, dass ich am nächsten Morgen um zehn Uhr zum Roten Platz ging, und da wartete Alexej Mischin auf mich.

Den Sie dann direkt mitgenommen haben?

Nein, ganz so leicht war es dann doch nicht. Wir haben ein Foto gemacht, und der Vertrag wurde von ihm unterschrieben, ich brauchte aber noch die Unterschrift des Präsidiums, sodass wir uns nur kurz kennengelernt haben und ich samt Vertrag wieder zurück nach Hamburg bin. Mir wurde versprochen, dass wir einen sehr guten Spieler bekommen, und am 1. Oktober 1980 stieg Mischin in Hamburg aus dem Flugzeug und war ab dann ein HSV-Eishockeyspieler.

Und Mischin hielt, was er versprochen hatte, er katapultierte das Niveau der Mannschaft auf ein ganz neues Level. Dass er ganz nebenbei auch ein Pfundskerl war, erleichterte die ganze Sache ungemein und sorgte dafür, dass er bis heute seinen Status als Eishockeyikone behalten hat. Genau wie Nico Pethes, der seine Spuren bereits hinterlassen hat und dies immer noch tut. Ein Wunsch wurde ihm jedoch bis heute verwehrt. Jahrelang kämpfte er dafür, dass seine HSV-Eishockeymannschaft ein Spiel in der heutigen Barclaycard-Arena absolvieren darf. Hoffentlich wird auch dieser Traum eines Tages wahr, verdient hätte er es. |